... wir befinden uns an Bord des Expeditionskreuzfahrtschiffes "Stella Australis" und nach dem Begrüßungscocktail heißt es: „Leinen los!” und Ushuaia verschwindet langsam achteraus im Licht der untergehenden Sonne.
Verglichen mit den 'richtigen' Kreuzfahrtschiffen ist die "Stella Australis" zwar winzig, sie bietet gerade mal Platz für bis zu 210 Passagiere, aber sie ist für die hiesigen Gewässer gebaut und im positiven Sinne übersichtlich und so fühlen wir uns schnell heimisch an Bord.
Dazu trägt auch die gute Ausstattung bei: Neben einem Restaurant und zwei Bars gibt es einen Shop und sogar eine Mini-Bücherei.
Unsere geräumige Kabine liegt im zweiten Deck und hat ein großes Fenster zum Wasser. Neben den Betten haben auch noch ein kleiner Kleiderschrank und natürlich die Nasszelle Platz - alles funktioniert perfekt und ist supersauber. Viel Zeit werden wir hier allerdings nichts verbringen, denn die Tage sind mit Aktivitäten gut ausgefüllt. Aber auch damit, einfach an Deck zu stehen und den Zauber der vorbeigleitenden Landschaften zu genießen.
Und so starten wir voller Vorfreude unsere Fahrt an den südlichsten Punkt der Welt. Durch den Beagle-Kanal geht es durch die Insel- und Gletscherwelt Feuerlands bis nach Kap Hoorn.
Spät am Abend kommt von den meisten unbemerkt per Boot der chilenische Zoll an Bord, um die Papiere der Passagiere, die beim Einschiffen alle abgeben mussten, zu kontrollieren. Tja, auch am Kap
Hoorn wollen die Formalitäten beachtet werden.
Am nächsten Morgen hieß es dann früh aufstehen, denn das Ausschiffen zum Kap sollte um 07:00 Uhr beginnen. Und für diejenigen, die ohne Kaffee am Morgen nicht in Gang kommen, gab es zum Glück ab
06:00 Uhr ein 'Frühaufsteher-Frühstück' in der Skylounge.
Obwohl wir in einer windgeschützten Bucht vor Anker gingen, waren die Wellen nicht gerade klein. Und da die Möglichkeit des Anlandens am Kap Hoorn in hohem Maße wetterabhängig ist und erst vor
Ort vom Kapitän die Entscheidung getroffen wird, ob es geht oder eben auch nicht, war die Anspannung bei allen entsprechend groß.
Aber dann kam die erlösende Nachricht und die Zodiacs konnten zum Einsatz kommen.
Die Kap Hoorn Insel selbst ist nicht besonders groß und, wenn man die Geschichte und Mystik verdrängt, fast ein wenig unspektakulär. Aber dieses Gefühl, genau an diesem Ort zu stehen, am südlichsten Punkt des Kontinents, an diesem sagenumwobenen Kap, nur noch ein paar hundert Kilometer entfernt von der Antarktis - das ist etwas ganz Besonderes (und alleine schon diese Reise wert).
Auf der Insel gibt eigentlich nur das Cape Hoorn Monument, das an die vielen tausend Seeleute erinnert, die hier ihr Leben ließen, einen historischen Leuchtturm (mit Haus) und eine kleine Kapelle – und Wind, Wind und nochmals Wind.
Und dann gibt es noch den Offizier der chilenischen Marine mit seiner Familie, der hier am 'Ende der Welt' für jeweils ein Jahr Kap Hoorn und seine Infrastruktur betreut.
Zurück an Bord geht es für uns erstmal an das überaus reichhaltige Frühstücksbuffet und nachdem das letzte Zodiac wieder an Deck ist unserem nächsten Ziel entgegen.
Aber nicht nur das Frühstück ist reichhaltig. Auch das Mittagsbuffet, insbesondere mit seiner unglaublichen Nachtischauswahl, die Menüs am Abend und zu guter Letzt die Bestückung der Bar lassen
viele gute Vorsätze schnell verblassen.
Am Nachmittag unternehmen wir einen weiteren Landgang in der Wulaia-Bucht. Hier befand sich einst eine der größten Siedlungen der Yamana-Indianer und auch Charles Darwin landete hier 1833 an Bord der MS Beagle. Wer weiß, vielleicht hatte er auch das Glück, von Delphinen begrüßt zu werden.
Angeboten werden drei Wanderungen - eine leichte, eine mittlere und eine herausfordernde. Wir nehmen die herausfordernde und erklimmen einen Aussichtspunkt, der einen wirklich traumhaften Blick
über die gesamte Bucht bietet. Und wir sind uns einig, dass dieser Ort bei der Wahl der schönsten Plätze dieser Erde sicherlich ins Finale käme.
Unser Guide empfiehlt ein paar Minuten der Stille, um die Aussicht, das Wetter (Sonne, blauer Himmel, 15-20 Grad) und den Ort auf uns wirken zu lassen.
Und wirklich, wieder stellt es sich ein: Dieses Gefühl, an einem ganz besonderen Ort zu sein, eine ganz besondere Reise zu machen.
Nach einem hervorragenden Abendessen und dem einen oder anderen Gang an die Bar lassen wir uns sanft in den Schlaf schaukeln.
Da am nächsten Vormittag kein Landgang ansteht, werden einige wirklich gut gemachte Informationsveranstaltungen angeboten, die interessante Einblicke geben in Flora, Fauna und Geschichte dieses
Landes.
Am Nachmittag besteigen wir wieder die Zodiacs und gehen am Aguila-Gletscher an Land. Und auch hier sind wir wieder beeindruckt von der Landschaft, die sich vor uns ausbreitet - auch wenn (oder gerade weil) sie sich deutlich von der am Kap Hoorn oder in der Wulaia-Bucht unterscheidet.
Auf der einen Seite die Bucht mit darin schwimmenden Eisbrocken und im Hintergrund der Gletscher mit seinen blauschimmernden Eisspalten. Und auf der anderen Seite ein Bergpanorama mit schneebedeckten Gipfeln.
Da das Wetter sich heute etwas zurückhält (es ist kühl und feucht), wird der zum Abschluss am Strand angebotene heiße Kakao mit Whisky von den meisten dankbar entgegengenommen.
Und dann ist er leider auch schon da: Der letzte Tag unserer Schiffsfahrt, die uns nicht nur zum südlichsten Punkt des amerikanischen Kontinents, sondern auch zum südlichsten Punkt unserer
gesamten Reise führte.
Und noch einmal heißt es, früh aufstehen. Denn zum Abschluss steht der Besuch der Pinguininsel Magdalena Island auf dem Programm, einer kleinen Felseninsel, deren Besuch schon wegen der enormen
Zahl Pinguine (die Angaben schwanken je nach Quelle zwischen 150.000 und 400.000) ein besonderes Erlebnis ist.
Wohin man auch schaut: Pinguine, nichts als Pinguine. Manche stehen auf oder vor ihren Erdhöhlen, andere sind auf dem Weg zum oder vom Wasser, andere wiederum stehen oder laufen in Gruppen umher.
Und manche erahnt man mehr, als dass man sie sieht, an der aus einer Höhle herausfliegenden Erde - diese sind gerade mit Reinigungsarbeiten beschäftigt.
So unbeholfen und manchmal auch tolpatschig uns ihre Bewegungen an Land erscheinen mögen, so elegant und pfeilschnell sind sie im Wasser.
Was sie verbindet ist die fehlende Scheu vor Menschen und bei einigen auch eine ausgeprägte Neugier an den zweibeinigen Besuchern. So schien einer von ihnen mit durchaus kräftigem Gebrauch seines
Schnabels herausfinden zu wollen, ob Holgers Schuhe bzw. seine Kamera von Interesse wären oder für den Nestbau verwendet werden könnten.
Gegen Mittag erreichen wir dann Punta Arenas und nehmen ein bisschen wehmütig Abschied von 'unserem Schiff', der "Stella Australis".
Bleiben wird die Erinnerung an eine einmalige Reise ...