Perito Moreno Gletscher: Top oder Flop?

Argentiniens „Blaues Wunder“, Highlight Patagoniens, ein Muss jeder Argentinienreise usw. hört und liest man überall.

Zugegebenermaßen waren wir doch etwas skeptisch, ob es sich bei solchen Lobeshymnen wirklich lohnt dorthin zu fahren, oder ob es sich nicht vielleicht doch um eine dieser mangels Alternativen gehypten Touristenattraktionen handelt, bei denen man hinterher denkt "Naja, ganz nett - aber mehr auch nicht.".

Um es vorweg zu nehmen: Es lohnt sich - auf alle Fälle!!!

Der Perito Moreno Gletscher ist das absolute Highlight im Parque Nacional Los Glaciares und sollte wirklich fester Bestandteil jeder Patagonienreise sein. Allein schon die Anfahrt von El Calafate entlang des Lago Argentino bzw. seiner Seitenarme ist es aufgrund der Landschaft wert.

Im Park angekommen (der Eintritt kostet 500 AR$, ist aber in Anbetracht der bereitgestellten Infrastruktur verständlich) bieten sich am Ende der Zufahrtsstraße die ersten Blicke auf den Gletscher - und damit die ersten sprachlosen Momente. Der Anblick ist einfach beeindruckend.

Vom Parkplatz aus gibt es einen kostenlosen Shuttlebus zu den zentralen Aussichtsplattformen (Primer Balcón, Segundo Balcón, Bolcón Norte) und eine kleine Ernüchterung: Hier sind sie, die Menschen aus den vielen Bussen.

Aber schon ein kleines Stück entfernt von diesem Platz auf einem der perfekt angelegten Rundwege haben wir fast das Gefühl, alleine mit dem Gletscher zu sein. Zum einen scheint die  Neigung, sich zu Fuß fortzubewegen bei vielen nicht sehr ausgeprägt zu sein, und zum anderen zieht uns der Gletscher derart in seinen Bann, dass wir vieles um uns herum ausblenden.

Der Perito Moreno Gletscher gehört zum "Campo de Hielo Sur" (spanisch für „südliches Eisfeld“), dem größten Gletschergebiet Patagoniens und gleichzeitig dem größten auf der Südhalbkugel außerhalb der Antarktis. 

Mit einer Fläche ungefähr 13.000 km² liegt es bei immer noch ungeklärtem Grenzverlauf sowohl in Argentinien als auch in Chile und gilt als das größte Süßwasserreservoir in Südamerika. Bernannt ist er zu Ehren des argentinischen Geographen, Anthropologen und Entdeckers Francisco Pascasio Moreno.

Die Gletscherzunge erreicht den Lago Argentino an dessen südlichen Ausläufern und trennt zwei der Seitenarme voneinander, und zwar den Brazo Rico im Süden vom weiter nördlich liegenden Canal de los Témpanos. 

Und so stehen wir hier nahezu atemlos und ein wenig ehrfürchtig vor einer Eiswand, die insgesamt eine Länge von fast fünf Kilometern hat und sich über der Wasserlinie auf eine Höhe zwischen 50 und 75 Metern erhebt. 75 Meter, das ist ein Haus mit etwa 25 Geschossen - unglaublich.

Aber nicht nur unglaublich, sondern im wahrsten Sinne des Wortes auch unfassbar! Denn diese Dimensionen sind für uns, die direkt davor stehen, nicht greifbar. Die Höhe scheint bei dieser enormen Breite einfach zu schrumpfen und so gehen wir davon aus, dass uns die Informationstafeln nicht veräppeln.

Denen entnehmen wir dann auch, dass der Perito Moreno, im Gegensatz zu den meisten anderen Gletschern, die auf die globale Erwärmung mit Rückzug reagieren, eine konstante Masse/Fläche aufweist bzw. sogar wächst. Die Gründe hierfür geben den Wissenschaftlern bislang noch Rätsel auf.

Und er ist schnell, wahnsinnig schnell - jedenfalls wenn man Gletschermaßstäbe anlegt. Die Gletscherfront bewegt sich in der Mitte mit einer Geschwindigkeit von bis zu 2m pro Tag vorwärts, so dass kontinuierlich über die gesamte Länge der Wand zum Teil hochhausgroße Eismassen von der Eisfront abbrechen und mit lautem Donnern tosend ins türkisfarbene Wasser des Sees stürzen.

Was den Perito Moreno so besonders macht, ist dieTatsache, dass er einfach und zu Fuß erreichbar ist, dass ein großer Teil der Gletscherfront über die perfekt angelegte Rundwege 'abgegangen' und aus nächster Nähe erlebt werden kann und sich somit immer wieder neue Eindrücke und Blickwinkel auf diesen, wie jemand es mal treffend beschrieben hat, "Himmel aus Eis ergeben".

Aus all dem ergibt sich diese ganz besondere Atmosphäre. Der schier unglaubliche Anblick dieser Eismassen vor dem Hintergrund der schneebedeckten Berge, dem grünen Ufer davor und dem Lago Argentino mit den darin schwimmenden und in der Sonne glitzernden Eisbergen. Und dann ist da dieses unablässige Knirschen, Knarzen und Knacken innerhalb des Eises - so als wolle der Gletscher deutlich machen, dass er lebt. 

Wir bleiben an manchen Stellen lange stehen und lauschen diesen unterschiedlichsten Tönen und nach einer Weile können wir schon mit guter Trefferquote voraussagen, wo die nächsten Eisblöcke in den See stürzen werden.

Die Zeit vergeht wie im Fluge und so verbringen wir fast den ganzen Tag am Gletscher und als wir zum Wagen zurückkehren, steht er schon fast alleine auf dem großen Parkplatz. Noch ganz gefangen von den vielen Eindrücken verläuft die Rückfahrt nach El Calafate fast schweigend.


Fazit:

Absolut Top - ein einmaliges (und nur schwer zu beschreibendes) Erlebnis, das wirklich auf keiner Patagonienreise fehlen sollte.