Mit dem Fahrrad durch Myanmar fahren heißt deutlich langsamer zu sein als die üblichen Touren- oder Linienbusse. Es heißt aber auch, auf abgelegenen Straßen nicht nur viel vom ländlichen Myanmar zu sehen sondern es zu erleben, während der Schweiß in Strömen den Rücken herunterrinnt und sich zeitweilig mit viel Staub auf der Haut zu einer klebrigen Masse verbindet.
Die gesamte Tour führte uns in neun Tagen von Mandalay über Bagan zum Inle-See, wobei wir bis auf den ersten und den letzten Tag zwischen 50 und 65 km am Tag per Rad zurückgelegt haben. Das hört sich nicht viel an, hat uns aber angesichts der Hitze, der zeitweilig anstrengenden Straßenverhältnisse, der ernstzunehmenden Steigungen und der ungewohnten Fahrräder gereicht. Schon am zweiten Tag zeigten sich bereits schwerwiegende Druckstellen am Allerwertesten, so dass für Dorit das Sitzen auf dem viel zu schmalen Sattel wahrlich kein Vergnügen war. Es war unser Glück, dass wir die einzigen beiden Gäste waren, obwohl wir eine Gruppentour gebucht hatten. So gab es viel mehr Zeit für die eine oder andere Entdeckung am Wegesrand, während wir dafür am einen oder anderen Tag ein paar Radkilometer gestrichen haben. Man wird ja bekanntlich nicht jünger. Unser Radreiseführer ToeToe verstand es wirklich das ursprüngliche Programm genau an unsere Wünsche anzupassen.
Startpunkt unserer Radtour war Mandalay, wo wir schon ein paar Tage zuvor eintrafen. Die Stadt selber war eine echte Enttäuschung, wahrscheinlich weil der Name Mandalay ganz andere Assoziationen weckt als Megaverkehr, Staub und nahezu durchgängige Bebauung mit öden Wohnblocks. Doch wem ist schon klar, dass das alte Mandalay den Kämpfen zwischen Japanern und Briten im zweiten Weltkrieg zum Opfer gefallen ist? Wir waren uns zuvor nicht bewusst, dass kein Land in Südostasien so unter den Kämpfen des zweiten Weltkriegs gelitten hat wie Myanmar - und Mandalay lag zwischen den Fronten.
Doch einige herausragende Sehenswürdigkeiten um und in der Stadt gibt es auf jeden Fall. Besonders beeindruckt haben uns die Ruinen von Innwa. Als Ruinen und Symbole untergegangener Königreiche strahlen sie eine ganz andere Atmosphäre aus, als die belebten goldglänzenden Tempel der Gegenwart. Und auch die U-Pein Brücke, die längste Teakholzbrücke der Welt, wirkt eher wie ein Relikt aus vergangener Zeit, wären da nicht die Scharen in- und ausländischer Touristen mit ihren Selfie-Sticks auf und die vielen leeren Plastikverpackungen unter der Brücke.
In Mandalay selber gehört der Mahamuni Tempel zu den drei wichtigsten Heiligtümern Myanmars. In diesem Tempel steht eine Buddhafigur, die wieder und wieder mit Blattgold beklebt wird, so dass ihre ursprüngliche Form schon gar nicht mehr erkennbar ist. Erlaubt ist dies nur den Männern, Frauen ist der Zugang verwehrt, aber sie können die Vorgänge live auf außen angebrachten Monitoren verfolgen.
Diese hauchdünnen Goldblätter werden in speziellen Werkstätten nach uralter Tradition hergestellt und dann zu kleinen Paketen gebündelt. Ein langwieriger und interessanter Prozess. Doch Mandalay ist nicht nur für seine Goldwerkstätten bekannt. So reihen sich in einer Straße steinerne Buddhafiguren aneinander, die von Steinmetzen kunstvoll aus riesigen Blöcken gearbeitet werden, wobei sich der feine Staub über alles legt, was in unmittelbarer Nähe ist. Nicht weit davon finden sich die Bronzegießer und die Holzschnitzer. Wir waren begeistert und sicher hätten wir das ein oder andere Stück erstanden, wäre da nicht das Wissen, dass wir noch lange nur mit einem Rucksack unterwegs sind.
Dann geht es los: Glücklicherweise fahren wir bis auf den letzten Tag nur kürzere Abschnitte auf Hauptstraßen, sondern manchmal sogar dort, wo keine Autos fahren können und sehen so viel vom ländlichen Myanmar. Immer wieder halten wir in Dörfern an, sehen uns dort um und werden eingeladen uns z.B. eine Blumenzucht oder einen Hahnenkampf anzusehen oder Köstlichkeiten am Straßenrand zu probieren. Auch als beliebtes Fotomotiv werden wir diverse Male von Einheimischen angefragt, die sich gerne mit uns "sehen lassen" wollen, wobei die Tatsache, dass Holger mit seiner Körpergröße doch meistens deutlich herausragt, viele "Aaaahs und Oooohs" hervorruft.
Nach zwei Tagen kommen wir in Bagan an.