Die Aussagen, ob sich eine Fahrt zum Goldenen Felsen oder Golden Rock, jenem goldenen, nahezu rundem Stein, der auf einer Klippe liegt, lohnt, gingen weit auseinander. Die Stimmen reichten von: "Viel zu touristisch und komplett verbaut" bis "Ein absolutes Muss." Also machen wir uns lieber selbst ein Bild.
Mit dem Nachtbus und einem Umstieg in Yangon kommen wir erstaunlich gut am Zielpunkt unserer letzten Myanmar-Etappe an. Busse sind hier das Transportmittel der Wahl für längere Strecken, in recht gutem Zustand und der Ablauf voll durchorganisiert inklusive Abendessen-Stopp. Einzige Herausforderung ist der Wechsel des Busses am zentralen Busbahnhof in Yangon. Hier geht es zu wie im Taubenschlag und die Abfahrtstellen der Busse erstrecken sich über mehrere verwinkelte Straßenzüge. Es wird gerade soeben hell, das erste Licht des Tages und trotz Menschenmassen scheinbar niemand der Englisch spricht. Endlich nimmt sich jemand unserer an und führt uns etliche Straßen weiter ("two minute, two minute", zwei oder zwanzig, was macht das schon) zum richtigen Busunternehmen. Wir hätten wahrscheinlich den halben Tag benötigt, um es zu finden. Eine Dreiviertelstunde später geht es weiter nach Kinpun, dem Ort (auch Basecamp genannt), von dem die Pilgertransporte zum Goldenen Felsen starten. Doch insgesamt 17 Stunden Busfahrt stecken uns in den müden Knochen und so lassen wir uns hier erst einmal in ein wohlverdientes Hotelbett fallen.
Am nächsten Tag steigen wir mit ca. 40 anderen Menschen auf einen der vielen Kleinlaster, auf dessen Ladefläche gefühlt eigentlich nur 20 Leute passen, aber immerhin bekommt jeder einen Sitzplatz auf den schmalen Bänken. Ist die maximale Kapazität bei der Passagierzahl nicht ausgeschöpft, wird auch nicht losgefahren. Da heißt es immer wieder zusammenrücken, denn irgendwie müssen ja die durchschnittlich 10.000 Besucher auf den Berg gebracht werden. Doch es bleibt ohnehin wenig Wahl: entweder laufen oder eben Kleinlaster fahren.
Dann geht es in halsbrecherischer Fahrt in engen Kurven steil eine Dreiviertelstunde den Berg hinauf. Während einige unserer Mitreisenden johlen wie in der Achterbahn, wechselt bei anderen die Gesichtsfarbe in ein dezentes Grün, aber alle sind froh als wir heil oben angekommen sind. Dann sind es noch einige hundert Meter zu Fuß bis zum Eingang des Tempelbezirks und schließlich bis zum Goldenen Felsen. Wer dies nicht schafft kann sich auch in einer Bambussänfte tragen lassen.
Der goldene Felsen ist ein weiteres Nationalheiligtum in Myanmar und nicht nur Pilgerstätte für einheimische sondern für Buddhisten weltweit. Der Legende nach wird der Felsen nur von drei Haaren des Buddha im Gleichgewicht gehalten, die im oberen Teil eingelassen sein sollen.
Es herrscht reger Betrieb und es ist auch unübersehbar, dass hier in den letzten Jahren viel gebaut wurde. Am Fuß des Hügels liegt ein großes Dorf. So ist der Blick in die weite Landschaft wunderschön, während der Blick über eine Mauer oder zwischen die Häuser durch Unmengen an Müll das Erlebnis trübt. Überall laufen Pilgergruppen hin und her oder haben sich auf der Plattform bereits mit Decken und Taschen niedergelassen. Stände, an denen die notwendigen Opfergaben angeboten werden, reihen sich aneinander ebenso Restaurants, Essens- und Souvenirstände.
Doch es ist ganz klar der Goldene Fels, der im Zentrum steht. Den ganzen Tag über kleben Männer hauchdünnes Blattgold an den Felsen, viele Mönche sind darunter, um so gute Verdienste zu erwerben. Den Frauen dagegen ist der direkte Zugang zum Felsen verwehrt. Sie entzünden etwas oberhalb Kerzen und Räucherstäbchen während des Gebets.
Wir haben uns entschlossen, direkt oben auf dem Berg zu übernachten, auch wenn die wenigen Hotels schlecht und völlig überteuert sind. Doch die kostenfreien Unterkünfte oder eine Übernachtung im Freien auf der Plattform, sind ausschließlich einheimischen Pilgern vorbehalten. Nichtsdestotrotz bereuen wir die Entscheidung nicht, denn in den Abendstunden, mit dem Sonnenuntergang und ohne die vielen Tagesgäste, wird die Atmosphäre deutlich intensiver. Menschen beten dicht an dicht, hunderte Kerzen brennen, während der Felsen angestrahlt wird.
Und dies ist auch so als wir am nächsten Morgen noch vor Sonnenaufgang wieder vor dem Felsen stehen.
Bald brechen die ersten Pilgergruppen auf, aber nicht ohne den Besuch auf unzähligen Handys festzuhalten.
Mit diesen Bildern brechen auch wir auf, sausen im Lastwagen abwärts und lassen uns noch einmal mit dem Zug durch Myanmars Landschaft nach Yangon schaukeln, bevor wir das Land in Richtung Thailand verlassen.